aus der Rede zu „Binde die vier Engel los“

… Damit nimmt Christine eine Neuverortung des Apokalyptischen vor, indem sie es in den Zusammenhang der Schöpfungsgeschichte rückt. Das Apokalyptische wird evoziert, besonders in den figurativen Elementen, den Fragmenten aus Dürers Apokalypse, aber es wird nicht ausformuliert, sondern in einen anderen Zusammenhang gebracht durch den Bezug auf die Schöpfung. Und das geschieht durch die Titel ihrer Arbeiten. A prima vista entsteht so der Eindruck von Christines Arbeiten als bildnerische Darstellung von Naturereignissen.

Das entspricht genau dem zentralen Gottes-Satz, gleichsam der Schrift über dem Tor, durch das man in dieses Buch der Offenbarung des Johannes hineingeht: „Ich bin das Alpha und das Omega (der erste und der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets), spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt.“
So sind denn das erste Buch der Bibel, wo es um den Anfang und die Schöpfung geht, und das letzte Buch der Bibel, wo es um das Ende und das Gericht geht, miteinander im Gespräch. Keine Ausgewogenheit, keine Balance, keine moralischen Appelle, keine Lösung der Probleme dieser Welt. Kunst beschäftigt sich nicht mit Welt, Kunst beschäftigt sich mit Kunst.
So lese ich Christines Arbeiten als künstlerische, als bildnerische Arbeit an einem Spannungsverhältnis auch in apokalyptisch gestimmten Zeiten.

Dr. Dietrich Neuhaus
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